Bauwerk – Die Kirche
Die erste Kirche wurde hier vermutlich schon gebaut, kurz nachdem sich die ersten Siedler im Bachtal niedergelassen hatten. Es wird wohl eine einfache aus Holz konstruierte Kirche gewesen sein.
Der steinerne Turm unserer heutigen Martins-Kirche gibt durch Mörtelreste von vormals angebauten Ziegeldächern Zeugnis davon, dass es sich beim jetzigen Anbau schon um das dritte Kirchenschiff handelt. Die vorletzte Kirche, über deren Entstehungszeit wir keine Kenntnis haben, die aber in der Reformationszeit schon gestanden haben muss, wurde im Jahr 1618 im Innern gründlich renoviert.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war diese Kirche baufällig und angesichts „der starck angewachsene(n) evangelische(n) Gemeinde“ zu klein geworden. Über die Missstände teilt der Schultheiß in einem Bericht vom 29. Januar 1771 mit: „So müssen wir uns nunmehro höchlich beklagen, wenn unsere Kirche unter solchen erbärmlichen Umständen sich befindet, daß bey entstehendem Regenwetter unser Prediger nicht mehr trocken auf der Cantzel bleiben kann…“ In der zweiten Hälfte des Jahres 1782 wurde die verfallene Kirche abgebrochen und mit der Errichtung eines Neubaus begonnen, der schon ein Jahr später vollendet war.
Wegen des noch vorhandenen Beinhauses musste der Architekt Kunz das neue Kirchenschiff geringfügig aus der alten Längsachse rücken. Über diese neuerliche Baumaßnahme sind im Gemeindearchiv zahlreiche Unterlagen erhalten, so dass die Ereignisse aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts etwas leichter nach zu vollziehen sind.
Bevor jedoch das Kirchenschiff in Angriff genommen wurde, begann man 1775 den Turm zu sanieren und zu verändern. Wir müssen annehmen, dass er bis hierhin ein Satteldach trug, das durch zwei Bischhofshaubengiebel begrenzt war. Nun wurde das alte, schadhafte Dach entfernt, das Mauerwerk um einige Steinschichten erhöht und das Bauwerk durch eine barocke, mit Schiefern eingedeckte Haube bekrönt. Den Abschluss für den Turm lieferte der Kreuznacher Spenglermeister Pitzger zwei Jahre nach Baubeginn mit einem Knopf und Hahn auf dem Kirchturm.
Dann folgte wenige Jahre später die so sehr gewünschte Erneuerung des Kirchenschiffs. Pfarrer Laukhard vermerkt im Kirchenbuch, dass der Gottesdienst am 2. Februar 1783 „noch in der alten Kirche gehalten wurde, den 3 t. etc. wurde die Kirche abgerißen.“
An dieser so gewaltigen Baumaßnahme konnten viele einheimische Handwerker und Fuhrleute partizipieren. Aber auch Fuhrleute aus Nachbargemeinden wurden beschäftigt.: „Den 14. May 1783 sind die Eckelsheimer zu Gaulsheim gewesen und haben Bauholz gelangt“. Der Wirth Carl Vogt stellte der Gemeinde in Rechnung, „waß die Nacker und Eckelsheimer Fuhrleut bey mir verzärt haben, da sie Holß zu dem Kirchen Bau gefahren haben: Erstlich zwei Kalbs Pratten von 23½ Pfund, jettes Pfund 14 Kreuzer und Zugeher Sallat dabey und drey Brott jettes 14 Kreuzer, zwölf Maß Wein, die Maß 16 Kreuzer, ferner haben die Steinbockenheimer bey dem Holß fahren verzärt ein Kalbs Pratten von 15 Pfund und Zugeher Sallat dabey, zwey Brott und zehn Maß Wein.“
Natürlich wurden, um Kosten und Mühe zu sparen, die Bausteine der abgetragenen Kirche beim Neubau verwendet. So sind an der heutigen Kirche Steine erkennbar, welche die Jahreszahlen 1576, 1624,1666 und 1685 tragen. Ein Quader trägt die Inschrift: ANNO 1576 DEN ERSTE TAG MAY WAR ES NIT FEIN DA ERFRON KORN UND WEIN.
Aus der neben der Baustelle liegenden Ziegelei lieferte „Ziegler Cornelius Backsteine an hiesigen Kirchturm“.
„Wegen der abgebrochenen Kirche“ wurden die Gottesdienste, wie Pfarrer Lauckhardt gelegentlich bei Tauf- oder Hochzeitseintragungen im Kirchenbuch vermerkt, im Versammlungs-Saal (zuweilen auch Bet Saal genannt) des herrschaftlichen Hauses, im hiesigen Rath-Hauß oder in der Schule gehalten.
In den 1840er Jahren wurden Pläne und Kostenermittlungen zur Wiederherstellung der Kirche ausgearbeitet. Der Kostenanschlag belief sich auf 2790 Gulden. Dabei sollten besonders die Fenster verändert werden: Der Mittelsturz der zehn Kirchenfenster, der die Fenster in zwei Öffnungen teilt, sollte entfernt werden, so dass eine lichte Höhe von 17 Fuß entstanden wäre, deren oberer Abschluss mit einem Kreisbogen überwölbt werden sollte. Nach dem noch vorliegenden Plan sollte im Innern der Kirche an beiden Längsseiten von der Orgelbühne bis zum Chor Emporen eingerichtet werden, wobei die auf einer Seite vorhandene Empore abgebaut und erneuert werden sollte.
Wegen der eingetretenen politischen Ereignisse beschloss der Gemeinderat jedoch am 5. April 1848, „die Herstellung der Kirche wie solche projectiert worden, gänzlich zu sistieren“ (einzustellen), und nur die Orgel neu zu stimmen und sonst unentbehrliche Reparaturen vorzunehmen.
Nur wenige Jahre später, nämlich im Jahr 1852, wurden wieder, diesmal jedoch bescheidenere Reparaturarbeiten vorgesehen. Die Erneuerung der Kirche bezog sich hauptsächlich auf den Anstrich der Holzverkleidungen mit Ölfarbe.
Danach wurden in gewissen Zeitabständen immer wieder laufende Unterhaltungs- und Ausbesserungsarbeiten am Gotteshaus ausgeführt, die sich hauptsächlich auf Turm und Dach bezogen. Es dauerte jedoch viele Jahrzehnte, bis wieder eine größere Reparatur in Angriff genommen werden konnte. Nach einer baupolizeilichen Schließung der Kirche, wurde um die Jahreswende 1963/64 mit der Renovierung begonnen und die Arbeiten innerhalb neun Monaten fertiggestellt. Dabei wurde die alte Stummorgel entsorgt, die hölzerne Empore entfernt, die Fenster erneuert und eine Warmluftheizung installiert.